Das Dezimalystem bündelt die Zahlen in Zehner,
Hunderter usw. Die Schüler erfahren die dekadische
Bündelung nicht als dominierende, son- dern nur als eine
unter mehreren Bündelungen. Beispielsweise sind fast alle
Süßigkeiten nichtdezimal gebündelt:
Handelsübliche Packungen ent- halten 9 Bounty, 10 Duplo,
5 Mars, 12 Hanuta, 15 Toffifee usw. Wir kön- nen uns bei
der dekadischen Bündelung nicht auf Vorerfahrungen
der Schüler stützen. Das Dezimalsystem existiert nur
in unserem Kopf. Wir benötigen Unterrichtsmittel zum
Vergegenständlichen des Dezimalsys- tems. Durch
den Gebrauch des Unterrichtsmittels eignen sich
die Schü- ler das Dezimalsystem an.
Man kann Zahlen im Dezimalsystem flächig durch
Punkte und räumlich durch Kugeln vergegenständlichen.
Allerdings gibt es zwei konkurrieren- de Modelle, das Streifen- und
das Rechteck-Modell.
Bild 1:
Im Streifen-Modell werden Zahlen durch Punkte oder Kugeln
in einer Reihe dargestellt. Die Fünferzäsur wird auf Papier
durch eine Lü- cke, auf dem Rechenrahmen durch
Farbwechsel markiert.
Bild 2:
Im Rechteckmodell werden Zahlen bis 10 in zwei Reihen mit
maximal fünf Punkten je Reihe dargestellt. Die
Fünferzäsur wird durch eine vollständige
Fünferreihe kenntlich gemacht.
Für die Mehrheilt der Schüler sind die Unterschiede
zwischen Streifen- und Rechteck-Modell unwichtig, wenn
man ihnen die Zeit gibt, sich mit dem Modell vertraut zu machen.
Beide Modelle haben sich im Unterricht über Jahrzehnte hinweg
bewährt. Grundschullehrer bevorzugen das Streifen-Modell,
weil die Schulbücher es verwenden. Förderschullehrer
bevorzugen das Rechteck-Modell, weil man in dem Modell
das "zäh- lende Rechnen" effektiver unterbinden kann.
Wer im Zahlraum bis 20/100 mit dem Streifen-Modell arbeiten
möchte, sollte Rechenrahmen einsetzen (der Rechenrahmen
von Lehrmittel Betzold für den Zahlraum bis 1000 wurde von den
Schulen nicht angenommen). - Wir beschränken uns in den
folgenden Ausführungen auf das Rechteck-Modell.
Zum Herstellen der Punktebilder des Rechteckmodells
stehen auf der DVD Lernmittel Mathematik Vorlagen für den
Zahlraum bis 20/100/1000 zur Verfügung, jeweils in einer
Ausführung für die Tafelarbeit bzw. die Kleingruppen-
oder Einzelarbeit. Wie an anderer Stelle beschrieben wer- den
die Vorlagen auf selbstklebendes Papier ausgedruckt,
bildseitig la- miniert, auf Siebdruckpappe geklebt, auf Maß
geschnitten (und für die Tafel mit Magnethaftern hinterklebt).
Bild 3 zeigt, wie die
Punktebilder von 1, 2, . . . , 9, 10, 100 an der Tafel aussehen.
Die Punktebilder der anderen Zahlen werden aus den
Punktebildern von 1, 2, . . . 9, 10, 100 zusammengesetzt.
Das Punktebild einer zusammengesetzten Zahl ist eindeutig.
Bild 4 zeigt die
zweistellige Zahl 36, Bild 5
die dreistellige Zahl 329. Die Ein- deutigkeit der Darstellung sollte
beibehalten werden, denn der Wechsel der Darstellungsform
würde das Erkennen des Zahlwerts erschweren.
Allerdings sind bei Rechenhandlungen Verstöße
gegen die Eindeutigkeit nicht zu vermeiden. In solchen
Fällen muss man das Punktebild umge- hend in die Standardform
überführen. Bild 6
zeigt oben die Addition 15 + 20, unten das bereinigte
Punktebild 35.
Mit den Punktebildern lassen sich alle Rechenoperationen
im Zahlraum bis 20/100/1000 durch Handlungen lösen.
Wir beginnen im ersten Schul- jahr mit dem Zehnerübergang plus
und minus, dem Verdoppeln und Halbieren. Im zweiten Schuljahr
setzen wir mit den meist mehrschrittigen Rechnungen fort.
Alle Operationen werden zuerst an der Tafel ausge- führt
und anschließend in der Kleingruppe mit den dafür
vorgesehenen Punktebildern gefestigt. Rechenschwache
Schüler brauchen zusätzlich Einzelarbeit mit
Punktebildern.
Mit dem Argument, man müsse jedem Schüler
einen eigenen Lernweg zugestehen, wird konsequenterweise
für die freie Wahl des Rechenwegs plädiert.
Hierbei ist zweierlei zu bedenken: 1. Erst- und Zweitklässler
können nicht voraussehen, ob der von ihnen
gewählte Weg auch für das Rechnen mit
größeren Zahlen taugt. 2. Rechenschwache
Schüler er- warten, dass man ihnen einen Rechenweg
vorgibt. Wer die Bedenken teilt, sollte in der Tafelarbeit erst
einen Rechenweg einführen und diesen festigen, ehe er
auf anderen Wegen rechnen lässt.
Zur Erläuterung des Ablaufs einer Rechenhandlung
greifen wir auf Bild 6
zurück: Nach dem Tafelanschrieb: 15 + 20 werden die
Punktebilder von 15 und 20 an die Tafel geheftet. Im
Anschluss wird das Punktebild
bereinigt und der Tafelanschrieb ergänzt: 15 + 20 = 35.